Was hat das Verhalten meines Tieres mit mir selbst zu tun? 

Was hat das Verhalten meines Tieres mit mir selbst zu tun?

Heute morgen im Stall kam mir diese Frage in den Kopf. Hochachtung und Dankbarkeit vor meinem mittlerweile bald 24 jährigen Haflingerwallach, der niemals aufgegeben hat zu kämpfen. Für sich und seine Natur.

Als Kind wusste ich nicht was ich tue und auch in einer Reitschule habe ich nicht gelernt, wie man ein Pferd wirklich wahrnimmt, sieht, behandelt. Pferde werden leider auch heute noch oftmals nicht wie fühlende und lebende Wesen behandelt.

Oftmals werden sie „fügig“ gemacht. Sie werden „gebrochen“. Geschlagen, ausgebunden. Man kann tatsächlich von misshandeln, peinigen sprechen. Und auch ich kann und will mich nicht davon lossprechen. Ich habe es als Kind so gelernt. Aus Hilflosigkeit und Ohnmacht, meinem Pferd solch miesen Handlungen ausgesetzt, weil ich einfach nicht besser wusste, wie ich alternativ mit ihm umgehen kann. Er lief weg, er war nicht zu bändigen. Die Wut schaukelte sich höher und höher.

Als Kind so gelernt, als Jugendliche so weiter gelebt, als Erwachsene immer mehr gespürt, dass es nicht der richtige Weg sein kann. Aber was ist der richtige Weg?

Der Wendepunkt kam an einem Tag an dem ich so verzweifelt war. Tränen kullerten über mein Gesicht. Weinend saß ich auf meinem Pferd, das angstvoll durch die Reithalle lief. So kann und will ich mit meinem Pferd nicht mehr sein. Ich verließ an diesem Tag die Reithalle und traf einen für mich so wichtigen Entschluss. Niemals mehr in meinem Leben werde ich ein Wesen, ein geliebtes Tier, schlagen. Ihm weh tun. Nur damit es mir augenscheinlich gehorcht.

Ab diesem Moment, der jetzt echt schon Jahre zurück liegt, habe ich immer mehr Wege entdecken dürfen, die mich meinem Napoleon näher brachten und bringen. Fernab von etwas leisten müssen, etwas beweisen müssen, etwas darstellen müssen. Wir dürfen einfach nur sein. Vertrauen, Selbstbewusstsein, Freude, Freundschaft in unser Leben einladen.

Und was hat das jetzt alles mit mir selbst zu tun?

Napoleon hat nie aufgehört zu kämpfen. Er hat mir immer und so klar versucht zu zeigen und zu sagen „Sonja, das ist der falsche Weg, das ist nicht unser Weg, schau hin. Gehe nicht den Weg, den alle gehen, geh deinen eigenen.. du wist ihn finden…“

Napoleon ist eine wahre Kämpfernatur. Er hat seinen eigenen Willen. Er ist stark. Er ist voller Begeisterung, wenn er einen Sinn in seinem Tun sieht. Er ist unermüdlich. Er hat eine ganz starke Anbindung an seine Natur.

Und hier finde ich mich sehr wieder. In diesen Eigenschaften, die mich ja mal so an den Rande der Verzweiflung geführt haben. Denn dadurch, dass es ihn eben nicht begeistert hat, was was wir tuen, hat er all seine Kraft und seinen Willen gesammelt und ist auf und davon. Hat gegen mich gekämpft und ist weggerannt. Er wusste, das das nicht der Weg für uns beide ist.

Und genau so wie Napoleon das wusste, so weiß ich auch tief in meinem Herzen, das vieles, so wie ich lebte und lebe nicht meiner Natur entsprach und entspricht. Auch in mir ist dieser Wille, diese Stärke, zu meiner Natur zurückzukehren. Auch in mir ist diese Kämpfernatur, die aussteigt, wenn sie wirklich erkannt hat, dass mich ein Lebensbereich nicht erfüllt und glücklich macht. Auch ich bin bereit, dann all meine Kraft zu aktivieren, und aus einem Lebensbereich auszusteigen.

Auch ich brauche den Sinn in meinem Tun. Und dann ist sie da.. diese Begeisterung, dieses unermüdliche. Dann fühle ich immer mehr wohin mein Weg mich führt. Dann spüre ich immer mehr meine Anbindung an die Natur.

Es ist der Wahnsinn, was unsere Tiere uns mit auf den Weg geben. Besonders Napoleon, der jetzt bereits 23 Jahre mein Lebensbegleiter ist, hat mich so viel hinterfragen und verstehen lassen. Er ist und war mein großer Lehrer. Voller Demut, voller Dankbarkeit, voller Liebe blicke ich auf diese wundervolle Pferdeseele und freue mich auf alles was noch kommt!

Gehst du auch mit einem Tier durch dein Leben?

Vielleicht gibt es da auch Eigenschaften, die du auf den ersten Blick gar nicht so magst? Die dich aber vielleicht auf etwas aufmerksam machen oder zum umdenken motivieren?

Gibt es Eigenschaften, die dein Tier und dich vereinen?

Tiere wollen gesehen werden. Tiere und Menschen.. eine spannende Kombination. Vielleicht schaffen wir Menschen diesen Wandel. Weg von dem Bild, das ein Tier für einen Menschen einfach „funktionieren“ muss… hin zu einem Bild der Partnerschaft, einem Verbunden Sein von zwei unterschiedlichen Lebewesen, die andere Sprachen sprechen und sich dennoch oder gerade deswegen verstehen, vertrauen und lieben.

Oder sind es am Ende gar nicht unterschiedliche Sprachen die wir sprechen?  Ist es unser Herz, die Herzenssprache, die uns eins werden lässt?

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